Probleme sind noch ein Tabu
Über Geburtsverletzungen wird selten geredet. Probleme im Bereich des Beckenbodens sind allgemein für viele noch ein Tabuthema, aber Geburtsverletzungen sind meist ein noch größeres Tabu. Eine Schwangerschaft und eine Geburt sollen schöne Ereignisse sein. Einerseits ein Wunder, andererseits ganz natürlich und das, wofür eine Frau schließlich gemacht ist. Weniges wird so idealisiert, wie das Kinderkriegen.
Jede Geburt stellt eine Grenzerfahrung für die werdende Mutter dar. Auch ohne Verletzungen oder Traumata. Direkt nach der Geburt wollen Freundinnen oder Familie wissen, wie die Geburt verlief. Doch nach kurzer Zeit, will das meist niemand mehr hören, und schon gleich gar nicht, wenn es Probleme gab. Wenn man mit Frauen spricht, die Geburtstraumata erlitten haben, dann merkt man schnell, dass es selbst nach Jahrzehnten noch ein sensibles Thema ist, dass viele nur verdrängt, aber nicht verarbeitet haben.
Gegenüber Frauen, die noch keine Kinder geboren haben, und gegenüber Schwangeren wird das Thema aus Rücksicht lieber gar nicht erwähnt. Auch ich möchte niemandem Angst machen. Aber Aufklärung ist wichtig! Nur wenn ich um die Risiken weiß, kann ich entsprechende Entscheidungen fällen. Und vor einer Operation wird man schließlich auch über die Risiken informiert.
Größere und kleinere Geburtsverletzungen
Als Beckenbodentherapeutin habe ich mit dem Thema Geburtsverletzungen in der ein oder anderen Form jedoch täglich zu tun. Zum einen kommen oft junge Frauen zu mir, deren Kind zum Beispiel besonders groß war oder bei der der Einsatz von Saugglocke oder Zange nötig war. Das führt leider manchmal auch zu größeren Verletzungen der Beckenbodenmuskulatur oder der Schließmuskulatur von Blase oder Darm. Zum anderen kommen ältere Frauen zu mir, die durch Schwangerschaften und Geburten leichte Verletzungen hatten, diese jedoch entweder ignoriert oder gut kompensiert hatten. Bis sie sich durch die Hormonumstellung in den Wechseljahren plötzlich bemerkbar machen.
Mögliche Probleme sind Inkontinenz, Organsenkung und Schmerz. Zudem gibt es auch psychische Traumata.
Wer unter den Folgen einer Geburtsverletzung leidet, sollte sich in jedem Fall Hilfe suchen. Erste Ansprechpartner können Gynäkolog*innen, Urolog*innen und natürlich auch Hebammen sein. In vielen Fällen ist Physiotherapie sinnvoll und hilfreich. Am besten bei spezialisierten Beckenbodentherapeut*innen.
Und wer noch vor einer Geburt steht, der sollte sich einfach gut informieren lassen und mögliche Risikofaktoren, wie zum Beispiel eine Bindegewebsschwäche oder ein sehr großes Kind, besprechen. In den meisten Fällen ist eine vaginale Geburt problemlos möglich. In manchen Fällen ist aber zum Wohl der Mutter zu überlegen, ob nicht ein Kaiserschnitt besser wäre.
Mehr zu diesem Thema gibt es in Teil zwei des Beitrags.
Lucia Sollik Physiotherapeutin Beckenbodentherapie
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Ein Kommentar zu “Geburtsverletzungen”